Karl Sellheim
Lehrer, Turner, engagierter Bürger
Karl Sellheim wurde am 30.09.1830 als Sohn des Stellmachers Daniel Sellheim in Seehausen in der Uckermark geboren. Er heiratete 1855 die 1833 geborene Tochter eines Kantors aus Liebenberg (Kreis Templin). Die Eheleute feierten 1915 diamantene Hochzeit, wofür die Stadtverordnetenversammlung ein Ehrengeschenk bewilligte. Karl Sellheim verstarb am 06.12.1916.
Von 1848 bis 1850 erhielt Karl Sellheim seine Lehrerausbildung am Potsdamer Seminar. Danach hatte er bis Ostern 1851 eine Hilfslehrerstelle in Wustrau bei Neuruppin inne. Von Ostern 1851 bis November 1852 war er ordentlicher Lehrer an der Stadtschule in Zehdenick. 1852 bewarb er sich um eine neu geschaffene Lehrerstelle in Eberswalde und wurde am 22.11.1852 angestellt. Karl Sellheim gehörte von Anfang an zum Lehrerkollegium der am 25.11.1852 gebildeten höheren Schule, welche nach einer Verfügung der Königlichen Regierung zu Potsdam die Bezeichnung Oberschule führte. Im Oktober 1859 wurde die Oberschule durch hinzufügen einer höheren Klasse zu einer Höheren Bürgerschule erweitert.
Nach dem Tod des Lehrers Heinrich Braasch im Jahre 1857 übernahm Sellheim den Turnunterricht. Die Abteilung Kirchen- und Schulsachen der Königlichen Regierung gestattete ihm 1867 die Teilnahme an einem Kurs an der Zentralturnanstalt in Berlin.
Als 1877 die Umwandlung der höhe-ren Bürgerschule zu einem Gymnasium begann gehörte Karl Sellheim immer noch zum Lehrkörper. Am 24.11.1877 feierte die höhere Bürgerschule ihr 25jähriges Bestehen und Karl Sellheim sein 25jähriges Dienstjubiläum. Ab Ostern 1878 war er dann Gymnasial-Elementarlehrer am Gymnasium Eberswalde. Gemäß der Bitte der städtischen Behörden, erhielt diese Schule durch Allerhöchste Kabinettsorder vom 05.07.1878 den Namen Wilhelms-Gymnasium.
Im Juni 1890 bat Karl Sellheim aufgrund seiner hochgradigen Kurzsichtigkeit, welche ihm auch der Kreisphysikus Dr. Großmann attestierte, um seine Pensionierung zu Ostern 1891. Diesem Gesuch wurde stattgegeben. Die Stadtverordnetenversammlung bewilligte ihm, auf Antrag des Magistrats und mit Beschluss vom 15.07.1890, ab 01.04.1891 eine jährliche Pension von 2025 Mark. Ostern 1891 trat der Gymnasiallehrer Karl Sellheim nach fast 40 Jahren Schuldienst in den Ruhestand.
Nach dem Friedrich Wilhelm der IV. den Erlass seines Vaters der zur s.g. Turnsperre 1842 führte aufhob, war Turnen in Preußen wieder zugelassen. Während der revolutionären Erhebungen 1848/49 traten auch die Turnvereine politisch auf und hatten regen Zulauf. Die erstarkte Turnbewegung äußerte sich in vermehrten Vereinsgründungen in ganz Deutschland. Auch in Eberswalde fanden sich Anfang 1860 im Saale des Schützenhauses die Lehrer Sellheim und Neumann, der Kaufmann Feige und andere zusammen um die Gründung eines Turnvereins zu besprechen. Unter dem 15.02.1860 meldet die Regionalzeitung: In diesen Tagen hat sich hier unter den jungen Männern ein Turnverein gebildet, dem wir das beste Gedeihen wünschen. Als Gründungsdatum gibt eine Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Männer-Turn-Vereins 1860 e.V. allerdings den 27.03. an. Erster Vorsitzender war der Lehrer Karl Sellheim. Der Zweck des Vereins ist in den Statuten festgehalten.
Im Namen des Vereins beantragte Sellheim am 13.04.1860 die Nutzung des städtischen Turnplatzes und der Turngeräte durch den Verein. Mit der Auflage, dass er für die Instandhaltung der Gerätschaften verantwortlich ist, wurde dem Begehren entsprochen. Der Verein beabsichtigte bereits am 2. Pfingstfeiertag 1860 ein Schauturnen zu veranstalten. Karl Sellheim soll bis Januar 1861 Vereinsvorsitzender gewesen sein. Er hatte wesentlichen Anteil daran, dass der erste Turnverein der Stadt Eberswalde überhaupt zur Gründung gelangte und legte damit die Grundlage für die Entwicklung des Vereinssports in unserer Stadt.
Die Anregung zur Bildung eines Pestalozzivereins für die Provinz Brandenburg ging von Ebers-walder Lehrern aus. Die 1846 als Zainhammerkonferenz gegründete spätere Pädagogische Gesellschaft initiierte am 29.09.1862 eine Versammlung zur Bildung eines Pestalozzivereins für die Provinz Brandenburg. Gemäß dem § 1 der Statuten von 1863 bestand dessen Zweck in der Sorge für die Unterstützung der Witwen und vater- oder elternloser Waisen der Volksschullehrer in der Provinz Brandenburg. Karl Sellheim arbeitete von Anfang an bis 1912 im Vorstand mit. Von 1888 bis 1898 war er Vorsitzender des Vereins. Die Generalversammlung des Pestalozzivereins beschloss 1867 in Eberswalde ein Lehrerwaisenhaus zu erbauen. 1876 legte man den Grundstein für das Gebäude in der Düppel- (jetzt Friedrich-Engels-Straße), Ecke Grabowstraße und am 28.10.1877 wurde das Waisenhaus feierlich eingeweiht. Karl Sellheim fungierte von 1877 bis 1892 als Schatzmeister sowie von 1891 bis 1907 als Vorsitzender des Waisenhauses. Ab 1907 bis zu seinem Tode war er Ehrenvorsitzender. Um dem Waisenhaus weitere Einnahmequellen zu sichern, gründet man eine Buchhandlung, die Karl Sellheim über 25 Jahre leitete.
Bedürftige Zöglinge des Waisenhauses bei ihrer beruflichen Ausbildung zu unterstützen, war das Anliegen eines 1884 eingerichteten Wohlfahrtsfonds. Zu Ehren Karl Sellheims und dem 1910 verstorbenen Rektor Hoffenfelder aus Cottbus, bis dato Vorsitzender des Pestalozzivereins, erfolgte im Jahre 1910 die Umbenennung in Sellheim-Hoffenfelder-Stiftung.